Projekte
Kontrollierte Freiheit – Die Alliierten in Wien
Nach der Befreiung Wiens Anfang April 1945 prägten Zerstörung, Wohnungsnot, Hunger und Kälte den Alltag. Dennoch kehrte das kulturelle Leben schnell zurück. Bereits am 27. April wurde der Spielbetrieb auf Befehl sowjetischer Offiziere wieder aufgenommen. Wenig später traten auch die anderen Alliierten – Frankreich, Großbritannien und die USA – kulturell in Erscheinung. Während der alliierten Präsenz war die Stadt stärker denn je ein Raum internationaler künstlerischer Einflüsse.
Die zahlreichen Kulturaktivitäten sollten, neben dem wirtschaftlichen und politischen Wiederaufbau, die emotionale Basis für das Entstehen eines Österreichbewusstseins bewirken – also die Ausbildung eines eigenen, von Deutschland unabhängigen Selbstverständnisses.
Die Ausstellung „Kontrollierte Freiheit“ (10. April – 7. September 2025; Kurator:innen Oliver Rathkolb, Elisabeth Heimann-Leitner, Anne Wanner) beleuchtet den prägenden Einfluss des vielfältigen kulturellen Angebots. Sie dokumentiert damit einen bis heute nachwirkenden Erfolg: die Schaffung einer demokratischen österreichischen Identität.
Zur Ausstellung erscheinen Publikationen in den Sprachen Deutsch, Englisch, Französisch und Russisch mit Beiträgen von Thomas Angerer, Wolfgang Duchkowitsch, Veronika Floch, Christian Glanz, Richard Hufschmied, Monika Knofler, Marion Krammer, Michael Kraus, Johanna Maria Lerchner, Wolfgang Mueller, Agnes Meisinger, Karin Moser, Manfred Mugrauer, Wolfgang Pensold, Hans Petschar, Monika Platzer, Oliver Rathkolb, Peter Roessler, Günther Stocker, Markus Stumpf, Margarethe Szeless.
ZeitzeugInnenberichte zur Geschichte Wiens und der sozialen, politischen und kulturellen Entwicklungen in der Zeit der alliierten Administration 1945-1955
In Kooperation mit ORF.at, dem Wien Museum und der österreichischen Mediathek wurden lebensgeschichtliche Interviews mit prägenden Persönlichkeiten aus Kunst, Kultur und Politik zum Thema Wien 1945 bis 1955 geführt.
Die “Lange” Geschichte der Wiener “Secession”
Rechtzeitig zum Jahrestag der Eröffnung des Gebäudes der Wiener „Secession“ am 15. November 2023 soll eine Vorstudie zur langen kulturpolitischen Geschichte ihrer führenden Mitglieder fertiggestellt werden. Die Geschichte der Wiener Secession ist geprägt von Brüchen, aber auch lang wirkenden Kontinuitäten – aus der Zeit der autoritär strukturierten Habsburger Monarchie ebenso wie der umkämpften und militanten Ersten Republik, der katholisch punzierten Dollfuß-Schuschnigg-Diktatur sowie der totalitären Zeit des Nationalsozialismus und der personellen, aber auch ästhetischen Folgen und Kontinuitäten nach 1945.
Straussmania – die Popkultur des 19. Jahrhunderts in Wien
Das Multimedia-Projekt “Straussmania” widmet sich im Dezember 2022 den Schauplätzen der Populärkultur des 19. Jahrhunderts. Auf der neuen ORF-Plattform TOPOS erzählt “Straussmania” täglich und in insgesamt 31 Kapiteln von Orten wie der Neuen Welt in Hietzing, dem Sperl in der Leopoldstadt oder dem Apollosaal am Schottenfeld. All diese Orte schwingen gleichsam im Dreivierteltakt, denn sie sind verbunden mit der Musik der Familie Strauss und ihren Zeitgenossen. “Straussmania” ist ein gemeinsames Projekt von ORF.at, der Zeitgeschichte der Universität Wien und der Wien Bibliothek.
Alle Kapitel lesen Sie auf ORF Topos.
Publikationen
Kontrollierte Freiheit. Die Alliierten in Wien – Kulturpolitik 1945–1955
Hg. v. Oliver Rathkolb

Noch nie zuvor wurde die Wiener Bevölkerung in kurzer Zeit so intensiv mit internationalen Kultureinflüssen konfrontiert wie nach der Befreiung im April 1945. In diesem Buch werden die Auswirkungen alliierter Kulturpolitik auf Bildende Kunst, Film, Literatur und Bibliothekswesen, Musik und Theater, Pressefotografie, Printmedien, Rundfunk und Sport sichtbar. Junge Künstler*innen kamen erstmals in Kontakt mit der zuvor verbotenen kritischen Moderne. Die politischen Ziele der alliierten Kulturoffensive reichten von Entnazifizierung über die Konstruktion einer nicht-deutschen Identität bis zum Kampf um die ideologische Positionierung Österreichs.
232 Seiten, Format: 220 x 290
ISBN: 9783701736386
EUR 29,00
Wie können wir dem beobachtbaren Anstieg autoritärer Einstellungen und dem Vertrauensverlust in europäischen Gesellschaften entgegenwirken? Expert:innen und Schriftsteller:innen geben umfragebasierte Antworten.
Die Weltfinanzkrise, Covid, die Ukraine-Aggression Russlands: Vor dem Hintergrund großer Krisen suchen europäische Gesellschaften nach Sicherheit, und viele finden diese Sicherheit in der Sehnsucht nach einer starken Führung, ohne Wahlen und Parlamente, wie etwa in Italien und Frankreich.

Die wachsende Unzufriedenheit mit dem Funktionieren der Demokratie sind das zentrale Ergebnis einer Studie, die Oliver Rathkolb für das Institut für Kultur- und Zeitgeschichte an der Universität Wien in Auftrag gegeben hat: In acht europäischen Ländern wurden 2022 Menschen nach ihren Geschichtsbildern und demokratischen Dispositionen befragt und ihre Antworten mit einer Umfrage aus 2019 vor der Covid-Pandemie verglichen.
Aus den Ergebnissen dieses Vergleichs und auf der Basis der Ursachenanalyse entwickeln anerkannten Wissenschaftler:innen in diesem Buch Modelle und Strategien zur Hebung des Demokratiebewusstseins, die einen Trend in Richtung eines autoritären Zeitalters zu reduzieren versuchen – ein Zeitalter, das der Soziologe Ralf Dahrendorf als Folge sozialer Krisen der neoliberalen Turboglobalisierung bereits in den 1990er Jahren vorhergesehen hat. Vertieft werden diese wissenschaftlichen Befunde durch literarische Reflexionen der Themen Demokratie und Autoritarismus von europäischen Schrifsteller:innen.
Projekte und Schwerpunkte des VICCA
